Strom ist ein unverzichtbares Gut in unserer modernen Welt. Doch in Deutschland kommt es gelegentlich zu einer bemerkenswerten Erscheinung an der Strombörse: Negative Strompreise. Wie kommt es dazu, und was bedeutet das für Verbraucher und die Energiewirtschaft? Wir wollen dieses faszinierende Phänomen genauer untersuchen.
Was sind negative Strompreise?
Negative Strompreise sind eine Situation, in der Stromproduzenten bereit sind, Geld zu zahlen, um ihren erzeugten Strom in das Stromnetz einzuspeisen und “mit Aufschlag zu verschenken”. Das bedeutet, dass Verbraucher bezahlt werden könnten, um Strom zu verbrauchen. Dies mag auf den ersten Blick paradox klingen, da Strom normalerweise einen positiven Preis hat. Aber in Deutschland ist diese ungewöhnliche Entwicklung in den letzten Jahren keine Seltenheit mehr.
Warum treten negative Strompreise auf?
Negative Strompreise treten in der Regel dann auf, wenn das Angebot an elektrischer Energie die Nachfrage übersteigt. Dies kann verschiedene Gründe haben:
- Überschuss an erneuerbaren Energien: Deutschland hat in den letzten Jahren erheblich in erneuerbare Energien investiert, insbesondere in Wind- und Solarenergie. Bei starkem Wind oder viel Sonnenschein kann die Erzeugung von Wind- und Solarstrom die Nachfrage nach Strom übersteigen. Da erneuerbare Energien Vorrang im Netz haben, wird der überschüssige Strom zuerst eingespeist.
- Feste Kosten und begrenzte Flexibilität: Atomkraftwerke waren und Kohlekraftwerke sind schwer zu regulieren und haben hohe fixe Betriebskosten. Der schnelle Lastwechsel ist aufgrund erhöhtem Verschleiß oder aus konzeptionellen Sicherheitsgründen nicht ohne weiteres möglich. Insbesondere Atomkraftwerke unterliegen aus guten Gründen einer Vielzahl an Restriktionen und Auflagen, die eine flexible Fahrweise verhindern. Für sie ist es daher meist einfacher, die Stunden mit negativen Strompreisen in Kauf zu nehmen, als ihre Produktion flexibel anzupassen. Daher kann es wirtschaftlicher sein, diese Anlagen trotz Überangebot laufen zu lassen, anstatt sie abzuschalten und später wieder zu starten bzw. hochzufahren. Auch wenn die Atomkraftwerke in DE keinen Strom mehr liefern, laufen diese Produzenten in anderen Ländern nach wie vor und beeinflussen die Preise im europäischen Verbundsystem (EV).
- Exportmöglichkeiten begrenzt: In Zeiten eines Überangebots an Strom können deutsche Stromnetzbetreiber den Überschussstrom nur begrenzt ins Ausland exportieren. Dies kann zu einem Anstieg der negativen Preise führen.
- Niedrige Nachfrage: Negative Strompreise treten oft nachts oder an Wochenenden auf, wenn die Nachfrage niedrig ist. In solchen Zeiträumen kann das Überangebot an Strom besonders deutlich werden.
Auswirkungen auf Verbraucher und die Energiewirtschaft
Negative Strompreise können sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben:
- Positive Auswirkungen: Verbraucher könnten von Zeit zu Zeit von negativen Preisen profitieren, indem sie für ihren Stromverbrauch bezahlt werden. Dies kann auch dazu beitragen, die Energiekosten für Unternehmen zu senken.
- Negative Auswirkungen: Langfristig könnten negative Strompreise die Wirtschaftlichkeit konventioneller Kraftwerke gefährden, da diese in Zeiten negativer Preise Geld verlieren. Dies könnte dazu führen, dass einige Kraftwerke vorzeitig stillgelegt werden, was die Versorgungssicherheit gefährden könnte. Das EEG 2021 führte eine 4-Stunden-Regel ein. Danach erhalten bestimmte Anlagen vier oder mehr direkt aufeinanderfolgende Stunden mit negativen Preisen keine Marktprämie gezahlt. Zu häufige Abschaltungen können Wind- und PV-Anlagen weniger attraktiv erscheinen lassen.
Die Energiewirtschaft und die Politik müssen also sorgfältig abwägen, wie sie mit negativen Strompreisen umgehen. Eine Möglichkeit besteht darin, die Flexibilität der Stromerzeugung zu erhöhen, um besser auf Schwankungen im Angebot und in der Nachfrage reagieren zu können. Zudem könnten Anreize geschaffen werden, um den Verbrauch in Zeiten negativer Preise zu steigern, beispielsweise durch Ladestationen für Elektrofahrzeuge, Heimspeicher, preisgesteuerte Weiße Ware (Waschmaschinen) oder die verstärkte Nutzung von Wärmepumpen. Oder man hat noch einen Bitcoin Miner im Keller stehen, der dann BTC mined und noch durch Strom „verbrennen“ Geld verdient. (#keineSteuerberatung #keineAnlageberatung)
Insgesamt sind negative Strompreise ein interessantes Phänomen, das auf die Herausforderungen und Chancen der Energiewende in Deutschland hinweist. Es ist wichtig, diese Entwicklung zu beobachten und intelligente Lösungen zu finden, um die Energieversorgung nachhaltig und wirtschaftlich zu gestalten.